Von der Wirkung unserer Sprache

Ein Sprichwort sagt:

Achte auf deine Gedanken, denn sie werden zu deinen Worten.
Achte auf deine Worte, denn sie werden zu deinen Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden deine Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.

Ich mag dieses Sprichwort, denn ich finde es so nachvollziehbar. Es zeigt aus meiner Sicht, wie gewaltig Gedanken, Sprache und Kommunikation sein können und dass Worte bereits dann eine Wirkung in mir entfalten, wenn ich sie selber noch gar nicht ausgesprochen habe. Es reicht schon, sie (regelmäßig) zu denken – und zwar egal, ob positiv, konstruktiv und wertschätzend oder negativ, destruktiv und abwertend.

Kommunikation spielt für Scrum Master eine wesentliche Rolle.

In meinem Job als Scrum Master sehe ich Kommunikation für einen ganz wesentlichen – wenn nicht sogar den wesentlichsten – Faktor an, um erfolgreich andere Menschen zu erreichen, zu überzeugen und sie darin zu unterstützen, täglich einen guten Job zu machen. Je konstruktiver und wertschätzender ich kommuniziere, desto größer ist meiner Meinung nach die Wahrscheinlichkeit, dass meine Worte bei anderen ankommen und sie sich diesen ggf. auch bei verschiedenen Meinungen öffnen können. Um dies auch möglichst glaubhaft zu tun und nicht nur positiv angelernte Phrasen zu formulieren, sind Authentizität und eine entsprechende Haltung dabei für mich unerlässlich. Das fängt dann schon beim eigenen Denken an.

Dazu ist es wichtig, sich der Wirkung von Worten bewusst zu sein und auch die eigenen Gedanken und Worte bewusst zu wählen. Dabei hilft es auch, rhetorische Stilmittel ein wenig zu kennen.

In der Kommunikationswissenschaft gibt es zum Beispiel den Begriff des Framings. Damit ist gemeint, dass unterschiedliche Formulierungen einer Aussage ihren Empfänger und sein Verhalten unterschiedlich beeinflussen können, obwohl die Aussagen an sich gleichen Inhalts sind, nur eben verschieden formuliert.

Beispiel:
Mein Gesprächspartner und ich haben im Gespräch aneinander vorbei geredet. Es gibt nun drei denkbare Möglichkeiten, wie ich das formulieren kann.

1. Das hast DU falsch verstanden.

2. Das habe ICH falsch verstanden.

3. Da haben WIR uns missverstanden.

Der Inhalt ist der gleiche, die Wirkung ist unterschiedlich. Variante 1 könnte deinen Gesprächspartner verärgern, weil er sich durch das DU angegriffen fühlt. Variante 2 empfinde ich schon als deutlich angenehmer, denn sie nimmt dem Missverständnis gleich ein wenig Druck und Vorwurf und kann dadurch deinen Gesprächspartner gerade in einer hitzigeren Diskussion wieder milder stimmen. Variante 3 erscheint mir die ausgewogenste Formulierung zu sein. Es spielt dabei gar keine Rolle mehr, wer „Schuld“ an dem Missverständnis hat und ich kann so mit meinem Gesprächspartner wieder in einen konstruktiven Gesprächsmodus kommen.

Von der Wirkung unserer Sprache
Diese Variante erscheint mir die ausgewogenste Formulierung zu sein: Es spielt dabei gar keine Rolle mehr, wer „Schuld“ an dem Missverständnis hat.

Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, meine Worte bewusst und achtsam zu wählen. Mit klarer, konstruktiver Kommunikation kann ich eine kritische Situation sachlich und wertschätzend auflösen, ohne  meinen Gesprächspartner mit einem Vorwurf zu konfrontieren. So ist es für alle Beteiligten leichter, den Fokus wieder auf eine gemeinsame Lösungsfindung zu richten.* 

Um meine Worte bewusster und wertschätzender zu wählen, hilft es, sowohl meine eigene Kommunikation einmal genauer zu betrachten, als auch darauf zu achten, wie sich die Kommunikation meines Umfelds auf meine eigene Kommunikation auswirkt.

Blick auf mich selbst und meine Art zu reden.

Wie kann ich selber meine Sprache so wählen, dass ich es anderen gerade in schwierigen Situationen leichter mache, wieder ins Gespräch zu kommen oder besser noch von vorne herein gar nicht so leicht in diese Situationen zu geraten? Aus meiner Sicht funktioniert das am besten, wenn ich bei mir selber anfange und mich darin übe, meine eigenen Gedanken positiver, wertschätzender und konstruktiver zu formulieren. Hier hilft es, achtsam zu sein, wie ich selber mit mir rede und meine eigenen Gedanken zu beobachten. Spreche ich streng mit mir oder freundlich? Kritisiere ich mich selber häufig oder zeige ich Geduld? Je selbstverständlicher eine freundliche Sprache für mich ist, desto leichter wird sie mir auch im Umgang mit anderen fallen.**

Dazu gehört es für mich auch unbedingt, authentisch zu sein und nicht einfach angelernte positive Phrasen zu nutzen, die ich gar nicht ernst meine.

Blick auf mein Umfeld und dessen Art zu reden.

Mein Umfeld spielt ebenfalls eine Rolle, wenn es darum geht, konstruktiver und wertschätzender zu denken und zu kommunizieren.

Die Menschen um mich herum haben eine entsprechende Wirkung auf meine Kommunikation – positiv oder negativ. Leider habe ich den Eindruck, dass negative Formulierungen üblicher sind und damit auch deren negative Wirkung auf mich und andere. Um mich selbst zu schützen und mich von destruktiven Menschen abzugrenzen bin ich mittlerweile soweit, solche Menschen in meinem persönlichen Umfeld möglichst zu meiden.

Eine andere Möglichkeit bietet das sogenannte Reframing. Dies ist ebenfalls ein rhetorisches Kommunikationsmittel, bei dem durch passende Formulierungen einer Situation oder einem Geschehen eine neue – möglichst positive – Bedeutung verliehen werden kann, um die Situation letztlich in einem neuen Rahmen zu sehen. So ist es möglich, eine Situation für die Beteiligten in einem neuen Licht erscheinen zu lassen, das es den Beteiligten leichter macht, mit der Situation zurecht zu kommen. Ein solches Reframing kann ich möglicherweise nutzen, um eine destruktive Formulierung meines Gesprächspartners wertschätzender umzudeuten. 

Natürlich kann ich ein solches Verhalten auch offen ansprechen. Nicht immer ist es den anderen so bewusst, welche Wirkung sie mit ihrer destruktiven Haltung verbreiten. Ein offenes Gespräch kann hier durchaus positive Wirkung zeigen. 

Kommunikation fängt bei mir selber an.

Am Ende fängt konstruktive und wertschätzende Kommunikation bei mir selber an, ganz so, wie es das oben zitierte Sprichwort sagt. Die Art und Weise wie ich denke, mit mir spreche und die Welt sehe, prägt stark meine Sprache und damit meine Wirkung auf andere – und wie ich hier zu einer positiven Sprache komm kann ich zum Glück jeden Tag wieder aufs Neue ausprobieren und üben.

* Mir ist durchaus bewusst, dass Sprache auch sehr manipulierend eingesetzt werden kann, aber darum geht es mir hier nicht, denn das hat für mich nichts mit einer authentischen, wertschätzenden Haltung zu tun.
** Selber noch nicht gehört, aber passend und eine Empfehlung wert: Podcast von Curse – Wie du mit schwierigen Emotionen umgehen kannst Teil 1 und Teil 2.

2 Antworten auf „Von der Wirkung unserer Sprache“

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