Es ist generell sehr hilfreich, wenn man sich seiner eigenen Ressourcen und Lösungsstrategien bewusst ist. Nun kann es sein, dass sich ein Coachee gerade in einer schwierigen Situation befindet, die er vielleicht sogar in irgendwie vergleichbarer Art und Weise in der Vergangenheit schon einmal erlebt hat, an die er sich aufgrund seiner „Gefangenheit“ in der aktuellen Situation aber gerade nicht mehr erinnert. Wie schnell kann es so passieren, dass man sich hilflos und handlungsunfähig fühlt, weil man sich seiner eigenen Ressourcen nicht (mehr) bewusst ist?
Die Timeline-Methode kann dabei helfen, die eigenen Ressourcen und Lösungsstrategien wieder auszugraben und damit auch den Blick auf eine aktuell schwierige Situation verändern.
Die Timeline stellt eine Rückschau auf einen definierten Lebensabschnitt dar.
Mit Hilfe der Timeline schaut sich der Coachee einen bestimmten vergangenen Abschnitt seines Lebens an, der für ihn in seiner aktuellen Situation relevant ist. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn er sich aus dieser Zeitphase Hilfe für seine aktuelle Situation verspricht und dazu diese Phase genauer beleuchten möchte. Genauso kann die Timeline bspw. dann unterstützen, wenn der Coachee ein ganz konkretes Anliegen hat, das diesen Zeitabschnitt betrifft.
Mit der Timeline kann der Coachee seine Ressourcen und sein Potenzial erarbeiten.
Hierzu legt der Coachee zuerst bspw. mit Hilfe eines Bindfadens auf dem Boden seine Lebenslinie – seine Timeline. Außerdem vermerkt er den passenden Start- und Endpunkt seiner Betrachtung jeweils auf Karten und legt diese als eine Art Anker an den Anfang und das Ende seiner Timeline. Der passende Startpunkt könnte dabei „HEUTE“ sein; der passende Endpunkt seiner Rückschau kann ein relevanter Moment in seiner Vergangenheit sein, z.B. „BEGINN BERUFSTÄTIGKEIT“, „GEBURT 1. KIND“, „SCHEIDUNG ELTERN“ o.ä.
Als nächstes geht der Coachee mit Hilfe des Coachs diese Phase seines Lebens Stück für Stück durch und zählt alle relevanten Ereignisse dieses Abschnitts auf. Dies können bspw. Ereignisse sein, die besonders wichtig für ihn waren oder Ereignisse, die bei ihm in irgendeiner Form starke Emotionen hervorrufen. Es können Situationen sein, die für den Coachee sehr herausfordernd waren, in denen er in Schwierigkeiten steckte. Der Coach schreibt diese Ereignisse währenddessen auf Karten, die der Coachee anschließend an die entsprechende Stelle seiner Timeline legt.
Wenn die Timeline mit allen relevanten Ereignissen gefüllt ist, schauen sich Coachee und Coach gemeinsam die Ressourcen an, die der Coachee damals zur Verfügung hatte und die ihm in der Vergangenheit geholfen haben. Was ist damals passiert, was hat der Coachee damals gemacht? Außerdem werfen sie gemeinsam einen Blick auf alle Unterstützer, die dem Coachee damals zur Seite standen.
Der Coachee führt all diese Ressourcen und Unterstützer auf; der Coach notiert diese wieder auf Karten und lässt sie vom Coachee neben seiner Timeline positionieren. Möglicherweise ist schon die Menge der Karten für den Coachee ein beeindruckender Anblick. Er kann unmittelbar sehen, dass er schon einen ganzen Rucksack voll mit Ressourcen, Lösungsstrategien und potenziellen Unterstützern hat. Ihm wird dadurch aufgezeigt, welche Situationen er in der Vergangenheit schon alle gemeistert hat. Dies allein kann bereits sein Vertrauen stärken, dass er auch in der aktuellen Situation einen Ausweg finden wird.
Der Coach unterstützt den Coachee darin, seine Ressourcen zu erkennen.
Unterstützende Fragen durch den Coach können den Coachee beim Erstellen seiner Timeline zur Selbstreflexion anregen. Mögliche Fragen könnten hierbei sein:
- Wie bist du aus der vergleichbaren Situation damals wieder rausgekommen?
- Welche Lösungsstrategien hast du zum damaligen Zeitpunkt angewendet?
- Wo hast du dir Hilfe geholt? Und wen?
- Was würden dir deine damaligen Unterstützer in der heutigen Situation empfehlen?
- Was macht dich aus der Sicht deiner Unterstützer aus? Wo liegen ihrer Meinung nach deine Stärken gerade in Krisensituationen?
- Was waren die wichtigsten Ressourcen, die dir damals geholfen haben?
- Wie kannst du dieses Wissen/diese Lösungsstrategien/diese Hilfe in der heutigen Situation nutzen?
- Was wäre für dich der nächstmögliche kleinste Schritt, um aus der aktuellen Situation wieder herauszukommen?
- Wie würdest du diese Situation möglicherweise aus Sicht deines 80-jährigen Ichs betrachten und bewerten?
Durch Selbstreflexion kann der Coachee Lösungen finden.
Zusätzlich kann es unterstützend wirken, wenn sich der Coachee auch beim Reden immer an der jeweiligen Stelle auf seiner Timeline positioniert und beschreibt, wie sich das jeweils für ihn anfühlt und welche Erinnerungen ggf. dabei hochkommen. Dabei ist es durchaus möglich, dass auch alte Glaubenssätze zum Vorschein kommen, die heute für den Coachee ggf. gar nicht mehr passen. Hierauf sollte der Coach im Rahmen des Coachings entsprechend eingehen.
Der Coach begleitet den Coachee achtsam und ruhig bei seiner Selbstreflexion. Er gibt ihm dabei Denkanstöße und Impulse durch weitergehende Fragen, damit sich dem Coachee am Ende ein klares Bild zeigt, wo seine Stärken liegen und wie er daraus Lösungsstrategien für sein heutiges Thema entwickeln kann. So kann der Coachee für sich wieder Wege ausarbeiten, die ihm in seiner aktuellen Situation helfen.
Die Timeline ist eine sehr kraftvolle Übung, die durchaus einige alte Themen beim Coachee hervorbringen kann. Als Coach sollte man sich für diese Timeline-Übung daher unbedingt mehr Zeit nehmen und dem Coachee auch durchgehend genügend Raum zum Nachdenken und Reflektieren lassen.
Bei editionf gibt es dazu einen schönen Artikel von Curse, in dem er auch eine ganz ähnliche Übung in einem Video vorstellt (und ich merke wieder mal, dass Video viel cooler ist als Text).
Eine Antwort auf „Timeline zur Ressourcenstärkung“
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