Kürzlich führte ich ein Coaching mit einem mir bis dahin noch unbekannten Coachee durch. Dieser kam zu mir mit der Aussage, dass er „ein Coaching bräuchte“. Im Laufe des Gesprächs merkte ich, dass das Coaching sehr schwerfällig lief, wir uns gefühlt immer wieder im Kreis drehten und das Thema – das Anliegen meines Klienten – nicht wirklich greifbar war. Nach längerem Hin und Her kam mir der Gedanke, dass möglicherweise gar kein Coachinganliegen bei ihm vorlag. Gemeinsam konnten wir diese Frage klären und am Ende den eigentlichen Bedarf meines Coachees – eine Jobberatung – ermitteln.
Eine gute Anliegenklärung ist essentiell für ein gutes Coaching.
Dieses Gespräch hat mir gezeigt, wie wichtig eine ausführliche Anliegenklärung zu Beginn eines Coachings ist. Im Zweifelsfall sollte auch der Begriff des Systemischen Coachings lieber einmal zu viel erklärt werden, als dass der Coachee mit einer falschen Vorstellung in das Gespräch geht. Der Begriff Coaching wird heute meiner Meinung nach so inflationär benutzt, dass eine gewisse Sprachverwirrung nicht ausgeschlossen werden kann – möglicherweise selbst dann, wenn der Coachee sagt, Coaching sei ihm bekannt. Ggf. ist es dennoch hilfreich, mein eigenes Coachingverständnis am Anfang der Sitzung klarzustellen. Der Coachee sollte ja auch wissen, mit wem er es zu tun hat und mit welchem Verständnis ich coache.
In meinen Coachings orientiere ich mich an den 7 Schritten zu einer erfolgreichen Coachingssitzung von Christine Knauf:
- Absicht der Sitzung
- Informationssammlung zur gegenwärtigen Realität des Coachees
- Musterunterbrechung durch Trennung von Fakten und Interpretation
- Formulierung des Coachinganliegens bzw. -ziels
- Hypothesenbildung
- Fragen und Interventionen
- Integration und Abschluss
Die Punkte 1 – Absicht der Sitzung – und 4 – Formulierung des Coachinganliegens bzw. -ziels – sind für mich dabei ganz wesentliche Schritte im Gespräch, um festzustellen, was der Coachee braucht und ob Coaching überhaupt seinen Bedarf deckt.
Zu Beginn klärt der Coach mit dem Coachee dessen Absicht für die Sitzung und das Ziel des Coachings.
Der Coachee formuliert zu Beginn des Coachings seine erwünschte Absicht für diese Sitzung – noch nicht das eigentliche Coachingziel. Die Absicht lässt sich am einfachsten mit einer Frage ermitteln:
Wenn sich unser heutiges Gespräch am Ende für dich gelohnt hat, was ist dann passiert?
Indem er sich über seine gewünschte Absicht Gedanken macht, fokussiert sich der Coachee (möglicherweise auch unbewusst) darauf, diesen Zustand zu erreichen. In der Regel handelt es sich dabei um ein bestimmtes Gefühl („Ich möchte mich sicherer fühlen im Umgang mit xy“) oder die Erfüllung eines Bedürfnisses („Ich möchte Klarheit über meinen weiteren Weg gewinnen“).
Als Coach unterstütze ich meinen Klienten weiterhin darin, ein Coachingziel – sein Anliegen – zu definieren und auch zu überlegen, woran am Ende für ihn erkennbar ist, ob er dieses Ziel erreicht hat. Dabei sollte das Ziel immer positiv formuliert sein im Sinne eines „hin zu“ statt eines „weg von“. Das ist für den Coachee nicht unbedingt einfach, so dass ich hier als Coach intensiv helfen kann.
Für diese Klärung sollte ich mir als Coach unbedingt Zeit lassen und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Nicht immer kann ein Coachee klar formulieren, was seine Absicht für die Sitzung und was eigentlich sein Coachingziel ist. Wenn Absicht und Ziel passend formuliert sind, bekommt das Coaching einen klaren Fokus und eine klare Zielrichtung, was letztendlich ein wesentlicher Garant für ein erfolgreiches Coaching ist.
Wenn man das Coachinganliegen als Coach nicht richtig verstanden hat und ggf. zu schnell zu möglichen Interventionen übergeht, droht die Gefahr, dass am falschen Anliegen gearbeitet wird. Hier ist unbedingt intensives Zuhören und gutes, tiefer gehendes Fragen angesagt, bevor ich mit geeigneten Methoden und Tools das eigentliche Coaching starte. Wichtig ist hier zu verstehen, warum der Coachee ein Coaching braucht, was er sich davon erwartet, ob Coaching für ihn die richtige Maßnahme ist oder ob ggf. andere Maßnahmen – Beratung, Seminare, Trainings … – besser zu seiner Problemstellung passen würden.
Eine klar formulierte Absicht für die Sitzung und ein klar vereinbartes positives Ziel ermöglichen mir als Coach am Ende auch eine Überprüfung, ob diese Absicht bzw. dieses Ziel letztlich erreicht wurden. Sie sind somit ein gutes Indiz für ein wirkungsvolles Coaching.
Ein gutes Coaching bedeutet ggf. auch mal NICHT zu coachen.
Das eingangs erwähnte Coaching fühlte sich für mich im ersten Moment nicht besonders gut an, weil ich meinen Coachee nicht coachen konnte. Ich war zunächst überhaupt nicht zufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. Mir wurde aber schnell klar, dass es gar nicht darum geht, auf jeden Fall zu coachen. Mein Klient mit seinem Bedarf muss hier für mich als Coach immer Vorrang haben und mein Ziel als Coach ist es, ihn immer bestmöglich zu unterstützen. Ggf. eben auch, indem ich ihn nicht coache.
Am Ende war ich auch nach diesem nicht erfolgten Coaching wieder um eine Erfahrung reicher.
Wenn Du das Häkchen anklickst, wird ein Cookie gesetzt!