Raus aus der Komfortzone! Oder doch lieber bequem?

Ende Oktober war ich bei einem (nebenbei gesagt grandiosen) Konzert von Chilly Gonzales in der Kölner Kulturkirche. Mit dabei hatte er sechs Conservatorians, eine Art Musikschüler, die ihn bei seinem Konzert musikalisch auf unterschiedlichste Art und Weise unterstützten. Mal sollten sie geräuschvoll ein- und ausatmen. Mal sollten sie so laut sie konnten schreien. Mal durften sie auch wirklich an die Instrumente ran. Dabei wussten sie nicht immer so 100%ig, was auf sie zukommt und waren so im Laufe des Konzerts immer wieder ein wenig gefordert, sich auf die unbekannten Aufgaben einzulassen. Oder wie der Meister sagte:

„Feel a bit discomfortable!“

Raus aus der Komfortzone!

„Raus aus der Komfortzone“ haben die meisten von euch sicher schon einmal gehört und vielleicht auch selbst schon mal zu sich oder jemand anderem gesagt. Hier in diesem Blog geht es intensiv um das Thema persönliche Weiterentwicklung, die aus meiner Sicht gerade für einen Coach unerlässlich ist. Persönliche Weiterentwicklung bedeutet, zu wachsen und zu lernen und in der eigenen Entwicklung immer wieder Schritte nach vorne zu machen. Das setzt ein regelmäßiges Verlassen der eigenen Komfortzone schon fast zwingend voraus.

Der Begriff der Komfortzone ist mittlerweile vielleicht etwas überstrapaziert. Dennoch glaube ich, dass es sich lohnt, mal über die eigene Komfortzone nachzudenken.

Warum sollte ich meine Komfortzone verlassen?
Wie viel „Unkomfortzone“ darf es denn sein?

Seine Komfortzone zu verlassen, bedeutet meiner Meinung nach, die eigenen Grenzen zu erweitern, sich mehr Raum für neue Möglichkeiten zu schaffen, Kompetenzen zu stärken und am Ende auch mehr Mut und Freude zu entwickeln im Leben. Ich glaube, dass ich mein Potenzial viel stärker ausschöpfe, wenn ich meinen Status Quo immer wieder hinterfrage und für mich überlege, wie ich leben möchte und was ich ggf. verändern will, um dahin zu kommen. Das fühlt sich lebendig an und ich bleibe damit viel mehr der Gestalter meines Lebens, als wenn alles bleibt wie es halt immer schon war.

Rein in den Burn out?

In einem Onlineartikel (den ich leider nicht mehr wieder finde) las ich mal darüber, dass einen das ständige Verlassen der Komfortzone am Ende direkt in den Burn out führen kann. Ein Gedanke, den ich erst überraschend, dann erschreckend und am Ende doch irgendwie nachvollziehbar fand.

Überraschend, weil ich dieses Verlassen der persönlichen Komfortzone für mich selbst grundsätzlich als erstrebenswert ansehe. Erschreckend, weil die in dem Artikel beschriebene mögliche Folge davon – ein Burn out – das komplette Gegenteil bedeutet. Am Ende doch nachvollziehbar, weil genau diese Komfortzone und ihr Umgang damit sehr individuell und damit aus meiner Sicht etwas Persönliches ist. Dennoch sind es manchmal andere, die sich über meine Komfortzone eine Meinung bilden. Dann ist der persönliche Druck ggf. hoch und führt am Ende möglicherweise zu einer permanenten Überforderung. So sollte es natürlich nicht sein. Es geht hier nicht um „schneller, größer, besser, weiter“, sondern jeder sollte für sich selbst entscheiden dürfen, wo er/sie wachsen möchte und welche Schritte aus der Komfortzone heraus dabei denkbar sind.

Auf in die Lernzone!

Viel schöner finde ich den Begriff der Lernzone – da komme ich hin, wenn ich meine Komfortzone verlasse. Der Begriff Lernzone zeichnet für mich ein positives Bild, mit dem ich viel mehr anfangen kann. Ein Verlassen der Komfortzone wirkt damit auf mich nicht mehr ganz so einschüchternd. Ich möchte lernen, wachsen und mich selbst ständig weiter entwickeln, statt im Status Quo zu verharren.

Ich möchte nicht bequem sein. Ich glaube, lange Zeit in meiner Vergangenheit war ich das. Mein Leben war rückblickend ein beschaulicher ruhiger Fluss und zu einem gewissen Grad war absehbar, was jeden Tag passiert. Routine hatte sich eingeschlichen und irgendwie war mir alles ein wenig zu gemütlich, ein wenig zu bequem. Irgendwann fand ich jeden Tag und damit mein eigenes Leben selbst ziemlich langweilig.

Seit einiger Zeit ist Lernen, Wachsen und meine eigene Weiterentwicklung ein ganz wesentlicher Aspekt in meinem Leben – ganz in meinem eigenen Tempo. Dafür suche ich mir immer wieder Möglichkeiten, meine Komfortzone zu verlassen und meine Lernzone zu erweitern. Das kann im Großen sein, indem ich z. B. meinen Job wechsle, in eine andere Stadt ziehe, Seminare mache, mich selbstständig mache. Viel leichter geht das aber auch jeden Tag im Kleinen. Zum Beispiel kann ich heute mal vegan essen, statt der üblichen Jeans einen Rock tragen, einen neuen Weg zur Arbeit ausprobieren, eine Radtour irgendwohin machen, wo ich noch nie war, einen Tag alleine durch eine fremde Stadt bummeln und mir insgesamt überlegen, wie ich statt ständiger großer Veränderungen kleine machbare als tägliche Routine etabliere. So lerne ich Stück für Stück, dass Lernen und Veränderung ganz normal ist – und am Ende sogar Spaß macht.

Für mich ist dabei ganz wichtig, dass sich Anspannung und Entspannung ausreichend gut abwechseln. Die richtigen Signale dazu gibt mir schon mein Körper: Empfinde ich gerade Streß? Fühle ich mich dauernd ko? Wie gern stehe ich morgens auf? Ruhephasen und genügend Schlaf sind für mich essentiell. Manchmal hilft es auch, etwas ganz bewusst mal nicht zu tun. Bei allem Verändern versuche ich außerdem, mich auf das zu fokussieren, was mir wichtig ist und was ich erreichen möchte. Wenn ich mein eigenes Ziel und meine Vision im Blick habe, empfinde ich Neues und Unbekanntes viel weniger als Streß, sondern es ist für mich ein erstrebenswertes Ziel, das ich mit Freude und Begeisterung verfolgen möchte.

Es geht nicht darum, mir mein eigenes Leben jeden Tag möglichst herausfordernd zu machen oder gar immer besser zu sein als andere. Wie viel Abenteuer notwendig ist, entscheidet jeder für sich selbst. Für mich geht es darum, mein Potenzial voll für meine Ziele auszuschöpfen. Dafür muss ich diese natürlich kennen. Mich mit meinen Zielen auseinander zu setzen ist dabei ggf. schon wieder ein kleines bisschen discomfortable :-).

Ich versuche immer wieder aktiv, etwas zu verändern in meinem Leben, immer wieder etwas zu tun, was ich noch nie getan habe. Von Außen wird es sowieso immer wieder Veränderungen in meinem Leben geben. Aber ich kann viel einfacher damit umgehen, wenn Veränderungen in meinem Leben ganz normal sind, weil ich sie gewohnt bin. Außerdem ist es auch sehr viel cooler, wenn ich sie selbst mit beeinflussen kann.

Jeden Monat eine neue Aufgabe.

Seit einiger Zeit nehme ich mir daher für jeden Monat eine neue Aufgabe vor und mache etwas, was ich vorher noch nie getan habe. So habe ich bspw. einen sehr persönlichen Vortrag auf einer Veranstaltung gehalten. Ich habe auf einem firmeninternen Barcamp eine Meditation gemacht und einen vierwöchigen Online-Coachingkurs konsequent durchgezogen. Ich war ein Wochenende alleine in Berlin und einen Tag alleine in London unterwegs. London ist eine faszinierende Stadt. Schon als Kind wollte ich nach London ziehen und denke jedesmal, wenn ich dort bin, wieder darüber nach. Könnte ich hier leben? Will ich das? Diese Gedanken machen mir immer wieder klar, was ich an meiner jetzigen Situation liebe und schätze und dass ich meinen Wohnort aktuell nicht ändern möchte. Ich weiß so aber auch, dass die Situation nicht einfach aus Gewohnheit und Bequemlichkeit so bleibt wie sie ist. Sondern ganz bewusst, weil ich mich so entscheide.

All diese Aufgaben waren vorher jedes Mal eine kleine Herausforderung. Hinterher war ich jedesmal ein bisschen stolz. Denn ich weiß jetzt, dass ich das kann.

Für den November habe ich mir vorgenommen, vegetarisch zu essen. Ob ich das schaffe?

Aber klar doch!

Raus aus der Komfortzone! Oder doch lieber bequem?

In London habe ich mir außerdem einen coolen Overall gekauft. Den trage ich dann im Dezember ;-).

2 Antworten auf „Raus aus der Komfortzone! Oder doch lieber bequem?“

  1. Liebe Dagmar, ein schöner Artikel, der mir ebenfalls aus dem Herzen spricht, könnte alles unterstreichen👍🏻Super
    Liebe Grüße
    Stefanie🙋🏼‍♀️💓

    1. Liebe Stefanie
      das freut mich sehr, wenn dir der Artikel gefällt und du dich darin wiederfindest. Schau sehr gerne öfter hier vorbei 🙂

      Liebe Grüße
      Dagmar

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